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MICHAEL SAM

Rassismus in der Schwulencommunity?

Rassismus in der Schwulencommunity?
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FOTO: HTTP://M-MAENNER.DE

m-maenner.de5.4.2016

Über Rassismus wird in den USA deutlich mehr gesprochen als in Deutschland, wo das Thema meist nur dann auf den Tisch kommt, wenn Neonazis dunkelhäutige Mitbürger attackieren oder (lesbische) Aktivistinnengruppen wie LesMigras die Postkolonialismus-Keule...

Über Rassismus wird in den USA deutlich mehr gesprochen als in Deutschland, wo das Thema meist nur dann auf den Tisch kommt, wenn Neonazis dunkelhäutige Mitbürger attackieren oder (lesbische) Aktivistinnengruppen wie LesMigras die Postkolonialismus-Keule schwingen –mit gezielten Vorwürfen auch gegenüber der diesbezüglich unsensiblen LGBTI-Community hierzulande, deren Blindheit oder bewusstes Desinteresse bei diesem Thema auch als Rassismus ausgelegt werden kann. Was Rassismus innerhalb der schwulen Welt angeht, so hat der Ex-Footballer Michael Sam die Diskussion gerade neu angestoßen mit einem Interview in der britischen Zeitschrift „Attitude“. Sie hat dem amerikanischen Ex-Sportler eine Coverstory gewidmet, die weltweit für Schlagzeilen sorgte.

Zur Erinnerung: Sam war 2014 der erste US-Footballer, der als offen schwuler Mann in ein Team der National Football League (NFL) aufgenommen wurde. Da flog er allerdings bald wieder raus, wechselte mehrmals glücklos die Vereine. Und verabschiedete sich schließlich ganz vom Sport, laut eigener Aussagen aus „Gründen der psychischen Gesundheit“. Danach probierte er Karriere als Reality Star zu machen, bevor er sich entschloss, nochmals zur Schule zu gehen. Zwischendurch löste er seine zuvor mit viel Medienhype angekündigte Verlobung; war auf den Covern von vielen Sport- und Modemagazinen, auch auf den Covern von etlichen Gay Magazines. Und nun das … Abrechnung mit der Szene!

s war ein ziemlich bewegtes Leben im Rampenlicht in den letzten zwei Jahren. Begleitet wurde es von vielen gehässigen Kommentaren: „Menschen haben mir gesagt, ich sei nicht schwul genug, andere behaupteten, ich sei nicht schwarz genug. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was das eigentlich heißen soll. Schwule wollen von anderen akzeptiert werden, aber sie akzeptieren selbst nicht jemanden, nur weil ihnen seine Hautfarbe nicht passt?“

FOTO: INSTAGRAM @MIKEYSAM52

Dazu sagt Sam: „Mir ist das rätselhaft. Wie können so viele Menschen rumlaufen und fordern, dass man sie als Homosexuelle gefälligst akzeptieren soll, aber jemanden wegen seiner Hautfarbe ausgrenzen, das finden sie selbst ganz normal?“

Laut Sam war die Homophobie, die ihm entgegenschlug, innerhalb der afro-amerikanischen Community weit weniger ausgeprägt als in der Welt der Weißen. „Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen und von den Menschen, denen ich begegnet bin. Aber da waren die Schwarzen sehr viel unterstützender, um ehrlich zu sein.“ Er fährt fort: „Es gibt viele offen schwule Schwarze. Viele Menschen in der afro-amerikanischen Community haben schwule Freunde, Cousins, Geschwister … Die meisten kennen mindestens eine offen schwule Person. Und die unterstützen sie, total.”

FOTO: MOVIETVTECHGEEKS.COM

Während religiöser Fanatismus in den USA ein weitverbreitetes Problem ist, würde Sam in Deutschland vermutlich eher von rechten Kreisen zu hören bekommen, dass er als Schwarzer die deutsche Leitkultur durcheinanderbringen würde. Und was würde Sams aus der deutschen Schwulenszene entgegenhallen? Laut einer neueren Studie ist es so, dass schwarze Männer ganz unten auf der Begehrtheitsskala bei Online-Dating und bei Escort Services stehen – es sei denn, die treten als aggressive Tops auf. Das dokumentierte 2014 das Buch „Male Sex Work and Society” von Victor Minichiello und John Scott. Natürlich ist das Klischee des wilden schwarzen Top-Mannes auch Rassismus pur. Und etliche schwarze Männer in Deutschland beklagen sich darüber, dass sie nur als Stück Fleisch wahrgenommen werden, das andere auf die Schwarzgröße hin mustern – oder gar nicht wahrgenommen werden. Ohne hier gleich, wie LesMigras, mit Postkolonialismus anzukommen, sollten wir uns auch in Deutschland überlegen, wie wir mit solchen Situationen künftig umgehen wollen. Anerkennen, dass es diese Situationen gibt, ist schon mal ein Anfang, um eine Besserung zu erreichen.

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